Stefan Plüth weiß, was er will. Und das sagt er auch: Am liebsten etwas machen, was noch keiner vorher gemacht hat. Der Ingenieur sitzt an diesem Morgen im weißen Oberhemd unter dem grau-blauen Anzug im Konferenzraum. Die Fenster sind mit blauer Folie verklebt. Denn dies ist auch der Test- und Vorführraum für Steuerungssysteme. Noch wird in der Firmenzentrale von DEOS in Rheine an- und neugebaut. Anzug und Krawatte gehören für Plüth zu seinem heutigen Leben, wie es als Titel auf der Visitenkarte steht, als „Vorstandsvorsitzender/CEO“. „Meine heutige Verantwortung ergibt sich halt aus den Folgen meines Tuns“, sagt er. „Chef zu sein ist das notwendige Übel dabei.“
Am technischen Tun hat Stefan Plüth seit Teenager-Tagen Gefallen. Mit fünfzehn will er noch Medizin studieren. Vier Jahre später kehrt Plüth1980 seiner Vaterstadt den Rücken zu. Geht in den Süden. Bewusst weit weg. Studiert hat er in Karlsruhe bei einem der deutschen „Regelpäpste“. Dort lernt der Diplom-Wirtschaftsingenieur nicht nur das Steuern und Wirtschaften, sondern auch mehrere Computersprachen.
Erst arbeitet Plüth für einen SAP-Konkurrenten in Karlsruhe. Spätestens in Landshut als Kaufmännischer Leiter einer Maschinenbaufirma wird er dann zum überzeugten Süddeutschen, der die Alpen, das Skifahren und die weltoffene Lebensart liebt – „bis heute“. Der Chef dort wird für Plüth zu einem guten Lehrherrn und Vorbild.
Sein Vater fragt ihn um die Jahrtausendwende, ob er nicht ins elterliche Unternehmen in Rheine einsteigen will. Und er sagt Ja – „aber nach einer langen Bedenkzeit.“ Als Vierzigjähriger übernimmt Stefan Plüth schließlich den Steuerungs- und Anlagenbau des Unternehmens.
Daraus entwickelt er 2003 mit sieben Mitarbeitern sein eigenes Unternehmen. DEOS ist heute ein international aufgestellter Mittelständler mit derzeit rund 200 Mitarbeitern, davon etwa 80 Prozent Ingenieure. Das ist aber erst ein Fünftel der Mitarbeiterzahl, die Plüth anstrebt. „Wir müssen wachsen, um gegen die Konzerne bestehen zu können. Dafür brauchen wir eine Mindestgröße.“
Größenwahn? Nicht mit ihm. „Von der ersten Minute an”, sagt Stefan Plüth, wusste er, wohin er mit der Firma will. Das hat er vorher alles durchdacht. „Wir sind das Gehirn, die Intelligenz des Gebäudes“, sagt er und nimmt sich Zeit, um auch für den Nicht-Naturwissenschaftler das Fuzzylogic-Prinzip dahinter fassbar zu machen. Als er detailliert erzählt, was Daten- und Kontaktpunkte in Wänden, Decken und Böden sind, was sie für DEOS messen und steuern, zeigt sich auch, was der Ingenieur Plüth liebt: das Erklären des Komplexen. Was sein Unternehmen gerade schafft, sagt Plüth, ist schlicht „revolutionär“. Und nicht weniger.
Das hat aber schon Tradition bei Plüth. „In der Branche sind wir die ersten gewesen, die moderne IT in die Gebäudeautomation gebracht haben. Wir sind damals von den Großen der Branche belächelt worden.“ Stefan Plüth lehnt sich zurück, lächelt, scheint die Erinnerung zu genießen: „Fakt ist: Im Laufe der nächsten Jahre waren sie gezwungen, etwas Ähnliches anzubieten.“
DEOS bietet nun mit OPENbalance eine revolutionäre Kostenleitwarte für Gebäude an. Wer künftig ein Firmengebäude beheizt, soll jederzeit auf den Cent genau ermitteln können, was ihn der Betrieb kostet. Das gab es so bislang noch nicht. Drei Jahre haben die DEOS-Ingenieure daran gearbeitet: „Konzerne kriegen so etwas nicht so schnell umgesetzt.“
„Der Erfolg von Deutschland kommt von seinen Ingenieuren“, sagt Stefan Plüth ganz selbstbewusst. Aber, sagt er als Arbeitgeber: „Es ist schwer geworden, gute Leute im Facharbeiter- und Ingenieurbereich zu bekommen.“ Die DEOS-Ingenieure kommen oft von den Fachhochschulen Münster, Lingen und Osnabrück. Und sie kommen auch gerne zu ihm, sagt Plüth, denn: „Wir haben für sie spannende Themen.“
Aber vielleicht kommen die Ingenieure auch, weil der Chef kein Chef sein will, sondern am liebsten nur Ingenieur. Und weil der Unternehmer Plüth Visionen von der Welt von morgen hat, die er mit ihnen verwirklichen will. „Mit was kann ich die Welt verbessern? Das ist mein Ding“, sagt Stefan Plüth.